Freier Warenverkehr, um Frieden zu wahren
Auf dem Weg zur Europäischen Union ist der 25. März 1957 die entscheidende Station: An diesem Tag wurden die Römischen Verträge in der italienischen Hauptstadt unterzeichnet. Sie legten die Grundlegung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) fest und gelten als Gründungsdatum der EU .
Die Römischen Verträge begründeten nicht nur die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auch die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom). Treibende Kraft hinter dem zukunftsweisenden Projekt waren Politiker der sechs unterzeichnenden Staaten: allen voran der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik sowie der Königreiche Belgien und Niederlande, des Großherzogtums Luxemburg und der Italienischen Republik.
Mit der EWG hoben diese Länder ihre mit der Montanunion begonnene Kooperation auf eine neue Ebene. Damit verwirklichten sie die Visionen von Politikern, die zu den Pionieren der EU gezählt werden, vor allem Jean Monnet, Paul-Henri Spaak, Konrad Adenauer und Alcide De Gasperi. Als geistiger Vater der Montanunion hatte der Franzose Monneteinen wichtigen Teil des Weges zur Wirtschaftsgemeinschaft geebnet. Ebenso wie der italienische Ministerpräsident Gasperi: Konsequent hatte er seit dem Zweiten Weltkrieg auf eine innereuropäische Zusammenarbeit hingearbeitet. Darin sah er den einzigen Weg, weitere Kriege zu vermeiden.
Dieses Ziel vor Augen wollten Italien, Deutschland, Frankreich und die drei Benelux-Staaten 1954 eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft gründen. Doch der Plan scheiterte am Veto der französischen Nationalversammlung. Doch Bundeskanzler Konrad Adenauer, der belgische Außenminister Paul-Henri Spaak und sein niederländischer Amtskollege Jan Willem Beyen gaben nicht auf. Stattdessen verfolgten sie hartnäckig den Plan einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit, arbeiteten umfassende Konzepte aus, hielten die Verhandlungen mit den anderen potenziellen Partnern am Laufen.
So konnten sich die Unterzeichnenden der Römischen Verträge darauf verständigen, mit der EWG „die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker zu schaffen“, wie es im Vertragswerk heißt. Ziel war es, „durch diesen Zusammenschluss ihrer Wirtschaftskräfte Frieden und Freiheit zu wahren und zu festigen“.
Konkret bedeutete das, einen gemeinsamen Markt zu schaffen und zu diesem Zweck die Zölle zwischen den beteiligten Staaten abzuschaffen. Gegenüber Nicht-EWG-Staaten einigte man sich auf einen gemeinsamen Außenzolltarif. Außerdem entfielen bestehende Mengenbeschränkungen für die Ein- und Ausfuhr. Unternehmen konnten nun Waren innerhalb der Mitgliedstaaten frei handeln, ohne Rücksicht auf Obergrenzen für den Import oder Export. Beschlossen wurde außerdem, Rechtsvorschriften der einzelnen Staaten anzugleichen, die einen reibungslosen Binnenmarkt behindern konnten. Das betrifft zum Beispiel die Anpassung technischer Standards, die Kennzeichnung von Inhaltsstoffen oder Normen für Produktsicherheit.
Die Unterzeichnenden verständigten sich außerdem auf eine gemeinsame Politik in Sachen Landwirtschaft und Verkehrn. Am 1. Januar 1958 traten die Römischen Verträge in Kraft und die Institutionen der EWG nahmen ihre Arbeit auf: eine Parlamentarische Versammlung, ein Ministerrat, eine Kommission zur Umsetzung der Beschlüsse sowie ein Gerichtshof zur Schlichtung von Streitigkeiten.
Die Vorteile eines Binnenmarktes – beziehungsweise die Nachteile eines Fehlens desselben – erleben derzeit die Bürger und Unternehmen in Großbritannien. Seitdem an den Grenzen zischen der EU und dem Vereinigten Königreich wieder Zölle erhoben werden, entstehen höhere Kosten für Waren. Die Abfertigung der Waren inklusive der nun notwendigen Ein- und Ausfuhrdokumente verzögert die Lieferketten zum Teil erheblich.
Titelbild: Im Konservatorenpalast auf dem Kapitol in Rom wurden am 25. März 1957 die Römischen Verträge unterzeichnet und damit die EWG ins Leben gerufen.